Brüssel, der Frühling und ein Feuer

Brüssel, der Frühling und ein Feuer

Ihr lieben lesenden Menschen,

Ich sitze vor meinem Computer, meine Haare riechen noch leicht nach Lagerfeuer und ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll…

Gut, der ein oder andere wird sich eventuell denken, dass ich dieses Problem nicht haben würde, wenn ich mich zwischendrin etwas öfter gemeldet hätte. Es ist schade, dass ich in der letzten Zeit hier nichts geschrieben habe. Ich habe das schon vermisst, euch von meinen Ausflügen zu erzählen, aber wisst ihr, was ich die letzten drei Monate gemacht habe? Ich habe einfach gelebt. In jedem Moment, der stattfand, ohne den Hintergedanken, ob und wie ich euch davon erzählen werde und das war einfach viel wichtiger.

Nichtsdestotrotz möchte ich dem Blog noch einen würdigen Abschied geben und ihn nicht einfach auslaufen lassen, darum bekommt ihr und ich für mich noch eine kleine Zusammenfassung in diesem Beitrag.

Wisst ihr, wie die Zeit geflogen ist? Mir bleibt noch eine Woche an der Schule und dann beginnen hier die Ferien, womit mein Freiwilliges Soziales Jahr zu Ende geht. Doch ich kann zurückblicken auf eine wunderbare Zeit, die ich in Belgien verbracht habe.

Ich habe auch in den letzten Monaten Brüssel immer weiter erkundet. Auch wenn ich nicht behaupten kann, die ganze Stadt zu kennen, denn sie ist riesig, so kann ich mittlerweile gezielt an Orte zurückkehren, die ich besonders gerne habe. Da gibt es diese Bäckerei, die mein Liebling geworden ist, den schönsten Aussichtspunkt über die Stadt und meine liebsten Cafés mit den besten Keksen. Ich laufe über Plätze und an Orten vorbei und kann dazu nicht nur Fakten und Jahreszahlen nennen, sondern Geschichten erzählen, die ich selbst dort erlebt habe. Ich kenne fast alle Museen, die ich mir vorgenommen hatte zu besuchen und ich war zu Besuch beim König. Dieser öffnet drei Wochen im Jahr die königlichen Gewächshäuser für uns, sodass Mirjam und ich Ende April nach Laeken im Norden der Stadt gefahren sind, wo der „Palais de Laeken“ steht, in dem die königliche Familie meistens wohnt. Außerdem war ich inzwischen im Atomium und habe auch dort, aus der höchsten Kugel heraus, die Größe der Stadt wahrnehmen können.

Eines der Gewächshäuser
Wir waren abends dort, das war besonders schön!

Ich habe hier gelebt und kann mit stolz behaupten, es voll genutzt zu haben. Immerhin kann ich mittlerweile selbst Stadttouren geben, die innerhalb eines Tages für ein aussagekräftiges Bild der Stadt reichen. Das zumindest habe ich mir sagen lassen, von meinen Besuchen, die ich zwischendurch noch bekommen habe.

Dafür muss man Stadtpläne lesen können. 😉

Mit meiner Schwester, die für das lange Wochenende an Christi Himmelfahrt nach Brüssel gekommen war, hatten wir auch genug Zeit um außerhalb der Stadtmauern Brüssels durch Belgien zu reisen. So sind wir am Samstagmorgen gemeinsam mit dem Zug nach Ostende an die Nordsee gefahren und dann nach einem ausgiebigen Frühstück am Strand wieder zurück ins Landesinnere nach Brügge. Dort war ich auch in den Osterferien mit Mirjam und als wir dachten, dass damals schon viel los war, in dem kleinen wunderschönen Städtchen, so wussten wir noch nicht wie das bei angenehmen 25 Grad und Sonnenschein sein würde.

Emi und ich in Brügge
…inmitten schöner Häuser und Parks!

Ja, so wurde es immer wärmer und grüner und der Duft des Frühlings zog auch durch die Schule. Wir haben vor den Osterferien, Anfang April, Palmsonntag als erstes Frühlingsfest gefeiert, worauf im Juni Pfingsten folgte. Dafür wurden fleißig Blumen und Kränze aus Krepppapier gebastelt und ihre bunten Farben erhielten Einzug in die Klassenzimmer. Für die Mütter und Väter wurden Geschenke vorbereitet und draußen im Garten die beliebte Diskussion mit sämtlichen Kindern, ob die Jacke an- oder ausgezogen werden muss, begann aufs Neue. In der Zwischenzeit lernte ich die Bewegungen zum Märchen des Froschkönigs kenne, mit dem wir durch die Klassen zogen und gemeinsam mit den Kindern die Geschichte lebendig erzählt haben.

Es wurde wärmer und grüner!

Durch die Schule und die Unterstützung einer Lehrerin bekam ich Anfang Mai die Möglichkeit vor internationalem Publikum eine Geschichte vorzulesen, wobei wir ihnen zeigten, wie an der Waldorfschule Sprache gelernt und gelehrt wird. Auch an der dazugehörigen Tagung durfte ich teilnehmen und habe mich sehr wohlgefühlt zwischen Menschen aus fünf Ländern Europas, die gemeinsam an Projekten arbeiten, um andere Menschen sinnvoll zu unterstützen, in diesem Fall beim Thema Lesen.

Nun, und gestern Abend haben wir „Sint-Jan“ das letzte Fest des Schuljahres gefeiert. Am längsten Tag des Jahres, gefolgt von der kürzesten Nacht, wird der Sommer eingeläutet. Ähnlich dem Mittsommerfest in Skandinavien, trug jeder einen Blumenkranz auf dem Kopf, dieses Mal aus echten Blumen, und wir haben mit den Eltern auf der großen Wiese hinter der Schule gepicknickt. Begleitet wurde der Festschmaus durch Musik und Gesang der Lehrer.

Ich saß mit meiner Gastfamilie auf unserer Decke, als ein Lehrer zu mir kam und meinte ich müsse das nächste Lied mitsingen, das sei auf deutsch und ich solle mitkommen. Etwas überrumpelt stand ich auf einmal vorne neben dem Lehrerchor und eine Lehrerin hat sich im Namen der Schule herzlich bei mir bedankt für all das, was ich dieses Jahr geleistet habe und das letzte Lied mir gewidmet. Mit Blick auf all‘ die vertrauten Gesichter der Schule, all’ die Kinder, Eltern und Lehrer, die ich und die mich durch das Jahr begleitet haben, habe ich den Moment genossen, der Beginn meines Abschieds.

Danach wurde das Lagerfeuer angesteckt, das am Morgen vorbereitet und mit Wünschen, Bildern und Geschenken der Kindern gespickt wurde, die dann mit dem Rauch in den Himmel gestiegen sind. Nachdem das Feuer ganz klein war und die Sonne immer tiefer wanderte, sind wir über‘s Feuer gesprungen. Was für die meisten Kinder eine erinnerungswürdige Mutprobe ist und den Eltern hauptsächlich Spaß macht, war für mich ein ganz besonderer Augenblick. Auch wenn ich später noch mit ein paar Kindern zusammen gesprungen bin, so habe ich den ersten Sprung mir selbst gewidmet

Mit dem Abspringen am Boden habe ich mein Auslandsjahr mit all seinen Erfahrungen verlassen und beendet, in der Luft habe ich mich vorbereitet auf all‘ das was danach kommt, verbunden mit dem Wissen, dass ich dieses Jahr gesammelt habe und wieder auf dem Boden aufkommend, bei der Landung, bin ich in meinem neuen Lebensabschnitt angekommen, der darauf folgt.

Jetzt sitze ich hier, auf meinem Bett und genieße die Erinnerung an mein persönliches Abschiedsfest, begleitet vom Duft meiner Haare und fühle mich bereit für das nächste Abenteuer.

Ich wünsche euch ein schönes Wochenende, ihr werdet nochmal von mir hören, bis dahin,

Eure Gwen

4 Replies to “Brüssel, der Frühling und ein Feuer”

  1. Wie schön, dass wir Dich besucht haben! Ich kann mir jetzt genau vorstellen, wo euer Schulpicknick stattgefunden hat, die Aussicht auf Brüssel… und das mit der Stadtführung an einem Tag stimmt genau!!! Vielen Dank dafür nochmal! Liebe Grüße 😘

  2. Danke, dass du uns an deinem Abschiedserleben hast teilnehmen Lassen. Wir wünschen dir einen guten weiten Sprung hinein in deinen neuen Lebensabschnitt. Deine Oma Mathilde, dein Opa Hans

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