Die Stadt und ich

Die Stadt und ich

So sieht das aus, wenn früh morgens die Stadt ganz langsam zum Leben erwacht.

Während die Welt heller wird und die Sicht klarer und weiter, fängt die noch verschlafene Stadt an sich wieder in Bewegung zu setzten.

Über den Dächern der Stadt, die ich aus meinem Zimmerfenster heraus erblicken kann, geht dann die Sonne auf und taucht ihre Umgebung in ein orange-rotes Morgenlicht.

Nun gut, um ehrlich zu sein, bekomme ich von diesem Teil des Tages normalerweise recht wenig mit, da ich ja das Glück habe mit meiner Arbeit erst spät am Vormittag anzufangen, doch die paar Mal, an denen ich so früh schon auf war, durfte ich erleben, was ich euch eben beschrieben habe.

Die morgendliche Ruhe gibt es tatsächlich, bevor alles wieder in gewohntem Rhythmus und Tempo vorangeht. Bevor die Metros voll mit Menschen von Station zu Station sausen, bevor sich durch Menschenmassen hindurchgedrängelt und auf den Straßen gehupt oder gerufen wird.

Wenn der Tag dann so begonnen hat, eben meistens ohne meine bewusste Anwesenheit, gibt es im Laufe des Tages so viele Möglichkeiten seine Zeit zu verbringen- abgesehen von meiner Arbeit in der Schule natürlich. Da kann man Wochenends ins Museum gehen, in eines der vielen, die es hier gibt. Letztes Wochenende (So, den 04/11/2018) war ich im Magrittemuseum. René Magritte war ein belgischer bedeutender Künstler des Surrealismus, welcher mit dem Auge der Betrachter spielt. Wie ihr hier sehen könnt, wo die Kerze Schatten spendet…

von René Magritte

Dieses Wochenende habe ich mit meiner Gastfamilie einen Ausflug in die Kleinstadt Mons gemacht, die im Süden Belgiens liegt. Dort haben wir uns durch herbstliches Regenwetter gekämpft und uns die “Collegiale Sainte-Waudru“ angeschaut, in welcher der „Car d’Or“ steht. Das ist ein Wagen, der einmal im Jahr von den Menschen der Stadt auf den Berg geschoben werden muss um damit ein Jahr Pech für die Stadt zu verhindern. Falls euch die Legende dazu interessiert könnt ihr hier mehr dazu lesen. In der Stadt waren wir auch im Museum (Musée des Baux-Arts) und die Ausstellung zeigte Kunstwerke der Künstlerin „Niki de Saint Phalle“, die mit ihren bunten Werken und vor allem durch ihre „Nanas“ berühmt wurde.

Da kommt es dann auch schonmal vor, dass eine der Nanas, die erste, die sie 1966 aus Polyester gestaltete, um sie auch draußen aufstellen zu können, den Namen „Gwendolyn“ trägt. Schön doch endlich mal jemanden kennenzulernen, der den gleichen Namen wie man selbst hat. Und nein, das ist kein Abbild, bevor jemand auf die Idee kommen könnte, da etwas falsch zu verstehen.

Nana „Gwendolyn“ (1966)

Dann habe ich mittlerweile auch mal belgische Pommes gegessen und ihr müsst wissen die Belgier lieben ihre Pommes. Mit vielen verschiedenen Saucen kann man sie genießen und bis jetzt war ich keiner Variante vollkommen abgeneigt, obwohl die Remouladensauce mich eher an etwas in Kombination mit Fisch erinnert hat, als an einen geeigneten Pommesbeigeschmack.

Traditionell in Zeitungspapier eingewickelt- heute erinnert daran nur noch eine Papiertüte, die Zeitungsartikel aufgeruckt bekommen hat.

Mit welcher Sauce auch immer- essen kann man sie an jedem Tag und zu jeder Zeit, in den meisten vertrauenserweckenden Läden. Ich persönlich habe aber das Gefühl, wenn es in der Bude nicht viel mehr als Pommes im Angebot gibt, dann schmecken sie am besten!

Man kann seine Zeit in Brüssel auch damit verbringen, belgisches Bier mit ausgefallenen Aromen zu trinken und wäre tatsächlich eine Weile beschäftigt. Denn allein in der Bar, in der ich gewesen bin kann man aus über 2000 Biersorten sein Getränk auswählen. Ich kenne bis jetzt zwei… aber das ist ja immerhin ein Anfang, oder nicht? 😉

Nach dem Bier noch eine kleine abendliche Stadtbesichtigung: Der Grand Place bei Nacht.

In einer Stadt, in der immer irgendwo was los ist, nicht so wie zuhause wo es gefühlt nur zwei große Weinfeste im Jahr gibt, kommt es dann auch schonmal vor, dass man Donnerstagabends auf ein Konzert geht. Gut, es war nur ein recht kleines von einer wenig bekannten Band, aber es war ein schöner Abend, auch weil ich mich dort mal wieder mit Miriam und Lotta getroffen habe.

Ein kleines Konzert

Er endete für mich bloß etwas später als geplant, denn nachdem ich mich von den beiden verabschiedet hatte, bin ich in meine Tram gestiegen und habe erst kurz vor der Endstation bemerkt, dass ich in die falsche Richtung gefahren bin… die 81 war zwar die richtige Linie, aber die Überzeugung meines wohl etwas müden Ichs, dass mich diese Nummer mit der Endstation „Montgomery“ nach Hause bringt, war wohl falsch. So musste ich also die Strecke wieder zurück und dazu noch den Weg bis zu mir fahren. Nachdem meine App, mit der ich mir immer raussuche, mit welchen Metros, Straßenbahnen und Bussen ich an mein gewünschtes Ziel komme, mir angezeigt hat, dass ich mit der Metro etwas schneller wieder zuhause sein würde, bin ich also nach ein paar Station aus der Tram raus und durch die eher nächtlich leeren Gänge einer Metrostation zu deren Bahnsteig gelaufen. Anstatt 15 Minuten auf die Metro mit meiner Endstation zu warten, habe ich (bewusst) die mit einer anderen Endhaltestelle genommen, um nicht alleine am Bahnsteig auf die richtige Metro warten zu müssen. Ich bin dann einfach im Zentrum ausgestiegen, an einer Station, von der ich wusste, dass sie belebter sein würde, als die am gefühlt anderen Ende der Stadt. Dort habe ich dann auf meine Metro gewartet und in der Hoffnung nur noch einsteigen zu müssen, um etwas später endlich zuhause anzukommen, habe ich dann den letzten Teil meiner Heimfahrt angetreten.

Doch irgendwie schien das Glück an diesem Abend nicht ganz auf meiner Seite zu sein, denn drei Stationen vor meiner hielt der Zug und fuhr dann aber nicht wie geplant einfach ab, nachdem alle Menschen aus- und eingestiegen waren. Stattdessen standen wir dort länger als 10 Minuten, in denen zweimal die Durchsage kam, dass wir uns bitte gedulden sollen und dass die Fahrt sobald wie möglich weitergeht, bis uns dann die nette Dame aus den Lautsprechern verkündete, dass die Metro nicht mehr weiterfahren würde und alle Passagiere bat auszusteigen. So fand sich spätabends also eine Metro voll Passagiere auf dem Bahnsteig wieder, um nochmal etwa zehn Minuten auf die nächste Metro zu warten, die dann auch nicht direkt weiterfuhr und durch welche ein allgemeines Aufatmen ging, als sie ihre Fahrt doch fortsetzte. Irgendwann gegen halb eins, war ich dann endlich zuhause- gute anderthalb Stunden nachdem ich mich von den anderen beiden verabschiedet hatte. Glaubt mir, ich bin etwas aufmerksamer geworden, in welche Busse und Straßenbahnen ich einsteige…

So erlebe ich mit unnötigen Reisen mit dem öffentlichen Transport, zwischen einer großen Auswahl an Saucen zu meinem Pommes und einer noch größeren an Biersorten meine kleinen Abenteuer im Alltag einer Großstadt, in der ich zum ersten Mal lebe. Aber genauso gehören auch ruhige Tage zu meinem Zeitvertreib, weshalb ich heute einfach den ganzen Tag gemütlich zuhause verbringe, Texte für euch verfasse, Vokabeln lerne und Zeit mit meinen Gastgeschwistern verbringe und froh bin nichts geplant zu haben. Noch dazu höre ich den Regen auf mein Dachfenster prasseln und freue mich dann noch etwas mehr drinnen, eingekuschelt in meine warme Decke, zu sitzen.

Liebe Grüße von zuhause, meinem neuen zuhause in Belgien versteht sich.

Eure Gwen

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