Ganz viele Pfannkuchen

Ganz viele Pfannkuchen

Kennt ihr das, wenn alles ganz leise wird? Die Welt zu schlafen scheint und jedes Geräusch nur noch dumpf zu hören ist? Wenn jeder deiner Schritte leicht knirscht, während du versuchst dort zu laufen, wo du noch keine Spuren erkennen kannst? Dann ist Winter und der morgendliche Blick nach draußen sieht dann so aus:

Gestern war der 02. Februar- der Tag eines Festes, was ihr wahrscheinlich nicht wirklich kennt, ich hatte hiervon vor meinem Eintauchen in die Waldorfwelt noch nie gehört: „Maria Lichtmis“ (dt. Mariä Lichtmess, auch Reinigungsfest).

Es ist das letzte Lichtfest der Weihnachts- und Winterzeit, aus alten germanischen, römischen, griechischen und nachher christlichen Traditionen vereint, was diese dunkle Zeit beendet und mit welchem langsam der Frühlings beginnt. Ein letztes Mal werden drinnen Kerzen angezündet, bevor es nach draußen geht, wo das Leben und das Tageslicht in die Natur zurückkehren. Dort, wo die Wurzelkinder langsam erwachen, um sich auf den Frühling vorzubereiten und die ersten Schneeglöckchen zu entdecken sind. Die Kindergartenkinder ziehen mit selbst gebastelten Rasseln durch den Garten, um die Natur aufzuwecken.

Traditionell werden (in Frankreich) an dem Tag Pfannkuchen gegessen. Woher dieser Brauch kommt ist nicht ganz geklärt. Früher galt bei den Bauern der zweite Februar als Beginn des ländlichen Wirtschaftsjahres, also wurde der Jahreslohn ausgezahlt und es gab Dienst- und Schichtwechsel bei den Bediensteten, Knechten und Mägden. Manchmal wechselte die Aufsichtsperson, einige verließen die Stelle und die neuen, jungen Angestellten begannen ihrem Dienst. Die Pfannkuchen waren dann ein festlicheres Mahl als sonst, zur Feier des Tages, zum Beginn eines neuen Arbeitsjahres. Es wird auch vermutet, dass damit den Neuen das Heimweh erleichtert werden sollte.

Da der zweite Februar auf einen Samstag gefallen ist, haben wir in der Schule am Freitag das Fest gefeiert. Nachts hatte es geschneit, sodass mein Schulweg dem oben beschriebene Spaziergang durch die mit Schnee überzogenen Straßen entsprach. Durch die etwas abgelegene Ecke der Stadt, bevor es danach im Süden in den ländlichen Teil Flanderns übergeht, waren erst wenige Menschen unterwegs gewesen, sodass ich mir an einigen Stellen die Schneedecke allein mit ein paar Vogel- und Katzenspuren geteilt habe.

Ihr müsst euch jedoch vorstellen, jedes Mal, wenn es bis jetzt hier geschneit hat, war es nicht besonders viel und meistens war spätestens am nächsten Tag die Welt wieder genauso grau wie zuvor, aber die morgendliche Kälte und die damit verbundene Magie des Schnees gab es jedes Mal.

In der Schule angekommen, wurde ich noch vorm Lehrerzimmer von einer Lehrerin abgefangen und gebeten mit ihr und der zweiten Klasse einen Spaziergang zu machen. Sie wolle mich gerne dabei haben, da sie alleine nicht mit der Klasse unterwegs sein darf und ich zwar als Aufsichtsperson gelte, aber für die Kinder mehr eine Freundin bin, als die anderen Erwachsenen.

Also habe ich in der Gruppe vorbeigeschaut, in welcher ich an dem morgen eigentlich helfen durfte, um zu fragen, ob es in Ordnung sei, wenn ich heute nicht anwesend sein würde. Das war kein Problem, allerdings fügte die Lehrerin hinzu, dass ich dann die Pfannkuchen verpassen würde.

Wissend, dass ich erst am Ende der Pause bei den „Großen“ sein musste, habe ich mich dann noch ein bisschen dazu gesetzt und meinen ersten Pfannkuchen gegessen. Nachdem die Klasse dann aufgegessen hatte und alle Kinder, in Regenhosen, Handschuhe und Schals eingepackt, fertig vor der Tür standen, kam die Lehrerin der Klasse nebenan aus dem Zimmer und meinte sie hätte viel zu viele Pfannkuchen, denn es hätten mehr Eltern als abgesprochen welche mitgebracht. Sie müsse die loswerden- da habe ich natürlich gerne geholfen und bin danach noch in allen Kindergartengruppen vorbei, um zu fragen, ob jemand nicht genug hatte und noch welche gebrauchen könnte.

Nach dieser erfolgreichen Mission bin ich pünktlich zum Ende der Pause zur zweiten Klasse gekommen. Mit einer Thermoskanne Tee, jedes Kind mit seinem Schälchen und seiner Kerze ausgerüstet, haben wir uns auf den Weg gemacht, an ein paar schneebedeckten Feldern vorbei, über eine Wiese, zu einem kleinen Bach, zu welchem ich ganz am Anfang schonmal einen Ausflug mitgemacht hatte. Dieser Spaziergang brachte zwar nicht mehr die angenehme winterliche Stille mit sich, es waren immerhin fast zwanzig Kinder dabei, aber ich habe das trotzdem sehr genossen umgeben von der Natur sein, weiße Atemwölkchen in der Luft und die ganzen rot gefärbten Wangen der Kinder zu sehen.

Die Eltern hatten am Elternabend kleine Schälchen für ihre Kinder getont und diese hatten in der Klasse mit buntem Bienenwachs und Schnur Kerzen geformt. Das Geschenk der Eltern sollten den Kindern helfen ihr inneres Licht für den Frühling nach außen zu tragen. Ich fand das eine schöne Idee.

Alle nebeneinander haben wir sie in den Schnee auf einen alten Baumstamm gelegt. Jedes Kind hat eine Tasse Tee zum Aufwärmen bekommen und dann haben wir die Kerzen angezündet und dazu gesungen. Das war wirklich toll. Im Kreis standen wir alle zusammen um die Kerzen herum, haben ihnen zugeschaut wie sie langsam abgebrannt sind und für einen kurzen Moment vergessen, dass die Füße eigentlich viel zu kalt waren, während unsere Hände mithilfe der Teetassen etwas warm geworden sind.

Ein bisschen wacher und aufgeweckter, aber auch ein bisschen jammernd darüber, dass es kalt ist, haben wir uns wieder auf den Rückweg in die Schule gemacht. Dort habe ich nach der Mittagspause mit den Kleinen, mich drinnen in der zweiten Klasse beim Pfannkuchen backen wieder aufgewärmt und ein drittes Mal Pfannkuchen abgestaubt. War wirklich lecker!

Mittags im Hort, ich hatte gerade alle Namen der Kinder aufgeschrieben und stand mit der Liste zum Scannen vorne neben Tür des Schulhofs, kam ein Mädchen aus der ersten Klasse auf mich zu- sie hat an die Lehrer Pfannkuchen verteilt, die übrig waren- auch dieser war sehr lecker. 😉

Im Laufe des Nachmittages wurden dann wie üblich alle Kinder nach und nach abgeholt, nur ging es an diesem Tag besonders schnell. Um fünf Uhr, eine Stunde vor Hortschluss, hatten wir nur noch ca. 10 Kinder, was wirklich ungewöhnlich. Unter denen haben wir die Pfannkuchen eines Hortkindes verteilt, die in der Klasse auch nicht leer geworden waren.

Müde von der Woche und voller Vorfreude auf mein wohlverdiente Wochenende, habe ich mich abends dann auf den Heimweg gemacht und tatsächlich, es war noch nicht so dunkel wie sonst, während ich zur Metro gelaufen bin. Die Tage werden wieder länger und hier und da konnte ich tatsächlich die ersten Schneeglöckchen entdecken. Doch mein Weg führte durch die graue Winterwelt, denn der Schnee war im Laufe des Tages mal wieder geschmolzen. Dafür schien aber auch den ganzen Tag die Sonne, was zum sonstigen Regenwetter immer eine nette Abwechslung ist!

Draußen im Schnee…
… oder drinnen im Tee! 😛

In voller Vorfreude auf immer länger werdende Tage und mit einer Menge Pfannkuchen im Bauch (gestern gab’s natürlich auch welche in meiner Familie) sende ich euch viele Grüße aus Brüssel,

Eure Gwen

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